ibo-Prozessfenster®

Entstehung des ibo-Prozessfensters®

ibo-Prozessfenster®

Zunächst werden sich einige fragen, warum der Blog „ibo-Prozessfenster®“ heißt. Entstanden ist der Name 2005. Bei der Konzeption meines „Praxishandbuches Prozessmanagement“ stand ich seinerzeit vor der Frage, die sich jeder Autor am Anfang des Schreibens stellt: „Wie gliedere ich mein Werk?“.

Zuvor hatte ich 15 Jahre ordnerweise gesammelt, was mir an Praxisfällen, Fachartikeln, Fachbüchern und sonstigen Infos zum Thema Prozessmanagement interessant erschien. Das reichte von „klassischen“ ablauforganisatorischen Quellen über japanische Konzepte wie Kaizen bis hin zu immer wieder neu auftauchenden Managementansätze aus den USA wie BSC oder Six Sigma. Ja und dann habe ich das gemacht, was jeder Organisator immer wieder gerne in seinem Leben macht: „Häufchen gebildet“, oder wie sagt man besser: „geclustert“

So gibt es strategische Vorhaben wie Business Process Reengineering (BPR), bei denen ganze Wertschöpfungsketten grundsätzlich verändert werden. Bei GPO- (Geschäftsprozessorganisation) oder Six Sigma-Projekten steht eher die Optimierung bestehender Einzelprozesse im Mittelpunkt. Ansätze wie Kaizen, Lean oder KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) setzen bei der punktuellen und kontinuierlichen Prozessveränderung an.

Bis Anfang des Jahrtausends standen die Konzepte weitgehend isoliert neben einander. Bei vielen Kunden habe ich immer wieder beobachtet, wie wenig transparent es ist, wie die vielen Bemühungen zur Prozessoptimierung in ihren Unternehmen im Zusammenhang stehen. Und immer wieder werden „neue Säue durchs Dorf getrieben“. Dann taucht schnell die Frage auf, ob man zum Beispiel beim Process Performance Management alle bisherigen Prozessbemühungen über den Haufen werfen muss, weil ja doch alles so anders aussieht und heißt.

Also habe ich mir zunächst einen Überblick gemacht, den Schreibtisch leer geräumt, alle Konzepte ausgedruckt und nach Gemeinsamkeiten sortiert. Heraus kamen vier Stapel, die nun die vier Konzepte des ibo-Prozessfensters® sind.

1.      Strategische Prozessorganisation

2.      Prozessgestaltung

3.      Kontinuierliche Prozessoptimierung

4.      Prozessmanagement

Die Konzepte sind vor dem Hintergrund unterschiedlicher Anwendungsszenarien entstanden. Zum einen wird unterschieden, ob die Prozessorganisation als Ganzes oder nur einzelne Prozesse betrachtet werden (spaltenweise Sicht). Zum anderen wird darauf fokussiert, ob eine einmalige Veränderung (change the process) im Rahmen von Projekten ansteht oder eher der laufende Betrieb (run the process) in der Linienorganisation relevant ist (zeilenweise Sicht).

Alle vier Konzepte sind nach dem gleichen Prinzip in vier weitere Themenfelder aufgeteilt. Beim Themenfeld Struktur/Verantwortlichkeit werden die aufbauorganisatorischen Regeln beschrieben, die nötig sind, um die Aufgaben des jeweiligen Konzeptes effizient zu erledigen. Die IT-technischen und kulturellen Anforderungen zur Aufgabenerfüllung werden ebenfalls durch zwei getrennte Themenfelder vorgegeben. Basis ist jeweils das Themenfeld Vorgehen, in dem die wesentlichen Aufgaben in ihrer typischen Reihenfolge dargestellt und die empfehlenswerten Methoden und Techniken an dem jeweiligen Prozessschritt erläutert werden. Damit entsteht ein ganzheitliches Orientierungsmodell, das die Vorgehensweisen, Verantwortlichkeiten, IT-Möglichkeiten und kulturellen Voraussetzungen für die vier primären Anwendungsszenarien der Prozessorganisation in der Praxis beinhaltet.

Das Konzept Strategische Prozessorganisation ist ein projektorientiertes Vorgehenskonzept, das alle Unternehmensprozesse auf höchster Aggregationsebene grundsätzlich auf die Unternehmensstrategie ausrichtet. Die Herausforderung besteht unter anderem darin, unternehmensübergreifende Prozessvisionen wie Shared Service Center oder Business Process Outsourcing daraufhin zu untersuchen, ob sie mit den Markt- und Wettbewerbsstrategien konform sind. Auch interne Strukturen wie beispielsweise die prozessorientierte Aufbauorganisation stehen auf dem Prüfstand. Aktuell richten sich viele Dienstleistungsunternehmen, die Strategie der Kostenführerschaft verfolgen, wieder vermehrt funktional aus. Sie orientieren sich am Vorbild der Fabrikorganisation und trennen ihre Vertriebs-, Betriebs- und Stabsbereiche klar voneinander. Die Frage nach Kernprozessen erregt in Unternehmen die Gemüter. Jeder Bereich findet seine zu verantwortenden Prozesse besonders wichtig. Mit Techniken wie der Prozessportfolioanalyse liefert die „Strategische Prozessorganisation“ konkrete Vorgehensweisen, Prozesse zu priorisieren und Kernprozesse zu identifizieren.

Um das einmalige und zeitlich befristete Verändern von Einzelprozessen geht es im zweiten Konzept der Prozessgestaltung. Dabei greifen die Methoden von Prozess- und Projektmanagement ineinander. Zunächst ist es wichtig, den jeweilig zu optimierenden Prozess genau zu modellieren und zu analysieren. Es ist nach wie vor nicht selbstverständlich, Durchlaufzeiten, Prozesskosten oder Qualitätskennziffern richtig zu berechnen. Entscheidend ist auch, dass die Stärken und Schwächen von Prozessen sowie deren jeweiligen Ursachen bei der Prozesswürdigung genau herausgearbeitet werden. Nur so können beim Prozessdesign die richtigen organisatorischen, technischen und personellen Gestaltungsansätze ergriffen werden und nicht lediglich Symptome bekämpft werden. Die Wirkungen der Maßnahmen auf die Prozessziele klärt die Prozessbewertung. Der so geplante und verabschiedete Prozess wird in der nächsten Phase realisiert und dann eingeführt.

Das dritte Konzept der Kontinuierlichen Prozessoptimierung umfasst alle Messungs-, Diagnose- und Steuerungsaktivitäten, die einzelne Prozesse hinsichtlich vordefinierter Prozesskennzahlen beständig verbessert. Die Ist-Werte im Rahmen der Prozessleistungsmessung zu ermitteln ist der wohl schwierigste Schritt bei der kontinuierlichen Prozessoptimierung. Die Verfahren hierzu reichen von echtzeitbasierten Monitoring-Verfahren über punktuelle Erhebungsverfahren bis hin zu einmaligen Auditierungen. In Prozesscockpit werden die ermittelten Werte für unterschiedliche Rollen wir Prozessverantwortliche oder Prozessleiter adressatengerecht aufbereitet.

Das letzte Konzept des ibo-Prozessfensters® beschäftigt sich mit dem Prozessmanagement als ein auf Dauer ausgerichtetes Meta-System von Vorgehensweisen, Verantwortlichkeiten, IT-Unterstützungen und kulturflankierenden Maßnahmen, um eine effektive und effiziente Prozessarbeit im Unternehmen gewährleisten zu können. Um ein solches Prozessmanagementsystem in Unternehmen einzuführen, entwickelt und implementiert man ein Konzept, das bei den im Prozessmanagement-Assessment erkannten Defiziten ansetzt.

Warum ein Fenster?

Warum heißt der Orientierungsrahmen eigentlich ibo-Prozessfenster?

Warum ein Prozess-Fenster?Zu der Zeit, als ich die vier Konzepte ähnlich wie oben in der Grafik, als Vier-Felder-Matrix gezeichnet hatte, bekam ich beim Lego-Spielen mit meinen Kindern das nebenstehende Teil in die Hand. In dem Moment war das ibo-Prozessfenster® geboren. Schnell bin ich die Assoziationen durchgegangen: Fenster geben Durchblick, Fenster sind klar, Fenster haben einen Rahmen, Fenster kann man öffnen, Fenster stellen etwas zur Schau.  Alles durchaus positive Anker, die für dieses Bild sprechen.  Einzig die englische Übersetzung schreckte mich ein wenig ab, schließlich assoziieren  nicht alle mit dem Begriff „Windows“ Top-Qualität, aber das ist ja seit Windows 7 alles besser, oder?

Hat sich das ibo-Prozessfenster® bewährt?

Bei neugegründeten Unternehmen, die das fünfte Jahr erfolgreich überlebt haben, sagt man, sie hätten es geschafft. Wie steht’s mit dem Fenster? Das Modell hat sich in der Praxis voll bewährt. Mit Hilfe des ibo-Prozessfensters® haben wir bei ibo in über hundert Firmen Assessments durchgeführt und den Reifegrad des jeweiligen Prozessmanagementsystems bestimmt. Je nach Kundenbedürfnis haben wir einzelne Prozesse optimiert, Prozessverantwortliche eingeführt, Prozessmodelle aufgestellt, Prozessmonitoring etabliert oder Prozessmanagement eingeführt. Immer hat das ibo-Prozessfenster® auch in verworrenen Projektsituationen den Kunden die nötige Orientierung gegeben. Über 600 Teilnehmer haben in den letzten 5 Jahren auf Grundlage des ibo-Prozessfensters® ihr ibo-Zertifikat Prozessmanager absolviert.

Genug des Eigenlobs. Natürlich sind meine Einschätzungen rein subjektiv. Objektiv kann ich aufführen, dass das „Praxishandbuch Prozessmanagement“ mit über 25.000 verkauften Exemplaren in 5 Jahren als Fachbuch ein Bestseller ist. Und der Markt mit Büchern zum Thema Prozessmanagement ist groß. Allein auf Amazon erzielt man beim Suchbegriff „Prozessmanagement“ über 600 Büchertreffer. Das „Praxishandbuch Prozessmanagement“ ist immer unter den ersten 5, die meiste Zeit sogar auf Platz 1 (die genaue Logik der Amazon-Rankings verstehe ich allerdings auch nicht).

Immer wieder wird positiv erwähnt, wie durchgängig, vollständig und praxisorientiert das Buch ist. Und das habe ich dem ibo-Prozessfenster® zu verdanken, dass mir selbst beim Schreiben und Überarbeiten des Buches die Orientierung gibt. Und mithilfe des Fensters kann ich auch gelassen in die Zukunft sehen. Neue Managementansätze, die mit spannenden Titeln und Inhalten die Unternehmen erobern werden, werden das Rad nicht komplett neu erfinden. So wird es immer wieder ein Anknüpfungspunkt im ibo-Prozessfenster® geben, um das neue Buzzword einzuordnen.

Selbstverständlich freue ich mich über alle Kommentare, die meine aufgeführten Erfahrungen mit dem ibo-Prozessfenster® mit eigenen Beispielen unterlegen, ergänzen oder verstärken. Ebenso wünsche ich mir Anregungen, Verbesserungsvorschläge oder Fragen, die mir bei der ständigen Optimierung des Orientierungsrahmens helfen.